Freitag, 15. April 2022

Rückblick auf unsere Lauffreundschaft mit Horst Preisler

Josef, Gisela, Horst, Karlheinz im Ziel Mergelland Marathon
Horst Preisler mit den Autoren und Josef Steingaß
im Ziel des Mergelland-Marathons, 9.09.2001
Die beiden bedeutendsten Pioniere der deutschen Langlaufszene, Horst Preisler und Werner Sonntag, sind über den Jahreswechsel 2021/2022 im Abstand von nur 5 Monaten verstorben. Ein Post widmet den beiden Helden einen Nachruf: Werner Sonntag und Horst Preisler laufen nicht mehr! 
Dieser Post beschreibt, wie unsere Lauffreundschaft entstanden ist und sich über mehr als 10 Jahre gestaltete. 
In der Laufszene ist Horst Preisler eine berühmte Persönlichkeit, über die Reportagen, Filme, Berichte und auch Bücher veröffentlicht wurden. Bei Laufveranstaltungen war Horst stets von Menschen umringt. Medienvertreter hofierten ihn und luden ihn häufig zu Pressekonferenzen und Interviews ein. Privat lernten wir Horst als bescheidenen, geerdeten und auch religiösen Menschen kennen, der weltweite Läuferfreundschaften pflegte, die ihm äußerst wichtig waren, der aber auch ethischen Prinzipien folgte, keinen Alkohol trank und keineswegs Everybody’s Darling spielte. Wenn ihm Dinge deutlich missfielen, hielt sich Horst mit seiner Meinung nicht zurück. Von ihm selbst wissen wir, dass er mit dem 100 Marathon Club fremdelte. Die Ehrenmitgliedschaft verstand er als ein Versöhnungsangebot, das man nicht ausschlägt. Horst umgab eine Aura, die nur Experten sahen, weil er öffentlich völlig uneitel auftrat. Bekleidung wählte Horst nach praktischen Aspekten. Gegenüber Mode zeigte Horst provozierendes Desinteresse. Seine Laufbekleidung wirkte oft ärmlich, weil Horst sein Budget für Reisen benötigte. Für Laufbekleidung investierte er kein oder nur wenig Geld und trug sie bis zum völligen Verschleiß.

2001: Auftakt in Südafrika – Fotoalben: LaufStreckenbesichtigungChelsea VillaRoseland House  - Durban

Ellger-Gruppe mit Eric Carmohn vor dem Start in Pietermaritzburg Start in Pietermaritzburg Gisela im Läuferfeld am Caravan Park

Im Jahr 2000 habe ich mir zu meinem 50. Geburtstag den 75. Comrades Marathon von Durban nach Pietermaritzburg in Südafrika zum Geschenk gemacht (Homepage Comrades Marathon). Nach dem überwältigenden Erlebnis kann ich Gisela davon überzeugen, 2001 gemeinsam zum 76. Comrades-Marathon über 89 km in umgekehrter Streckenrichtung anzutreten. Auf dieser Reise beginnt unsere Freundschaft mit Horst Preisler, der die Reise beim gleichen Veranstalter gebucht hatte und in der gleichen Unterkunft wohnte. Unser Gastgeber, selbst Läufer und mehrfacher Comrades-Teilnehmer, kommentierte Horst mit den Worten: „Crazy old men, but very strong.“ Für mich gerät die Reise zu einer großen Enttäuschung, die mich zu einer weiteren Teilnahme im Jahr 2002 motiviert. 2001 bin ich aufgrund eines zu harten Vorbereitungstrainings verletzt und kann den Lauf nur als Zuschauer begleiten. Mit unserem Gastgeber fahren die Laufgruppe und ich in der Nacht zum Start in Pietermaritzburg. Nach dem Frühstück führt unser Gastgeber nicht mitlaufende Teilnehmer der Gruppe an mehrere Streckenpunkte und zum Ziel in Durban. Gisela ist die einzige am Lauf teilnehmende Frau unserer Gruppe. Very strong, the lady!(1) 

Deutsche Teilnehmer mit Begleitern im Zielbereich in Durban Sightseeing Tour Durban Frühstück nach dem Comrades im Roseland Guest House B&B Durban

Aus beruflichen Gründen müssen Gisela, ich und Horst die Rückreise nach Deutschland früher als der Rest der Gruppe antreten. Während der langen Reise entsteht mit Horst ein intensiver Austausch, bei dem wir uns menschlich näher kommen. Um uns nicht aus den Augen zu verlieren, vereinbaren wir den Austausch unserer jährlichen Laufplanung, um Veranstaltungen im Hinblick auf Optionen für Treffen abzugleichen. Von nun an schickt Horst uns regelmäßig Berichte seiner herausragenden Läufe in aller Welt sowie Statistiken und persönliche Briefe.  


Wiedersehen 2001 in der Niederlande - Fotoalbum
 
Gisela und Karlheinz im Ziel Mergelland Marathon Gisela und Horst tanzen im Ziel zum Schneewalzer Josef, Gisela, Horst, Karlheinz im Ziel Mergelland Marathon
 
Knapp 3 Monate nach Südafrika feiern wir beim Mergelland-Marathon in der niederländischen Provinz Limburg ein Wiedersehen mit Horst im Start- und Zielort Meerssen, wohin Horst mit seinem Hamburger Lauffreund Peter Wieneke gereist war. Peter gehört zu den Top-10-Marathon-/Ultraläufern der Weltrangliste. Nachdem wir uns auf der Strecke der profilierten Route bereits begrüßt haben, erreicht Horst kurz nach uns das Ziel, in dem über eine Lautsprecheranlage gerade der Schneewalzer ertönt. Horst zieht Gisela in den Zielraum, um mit ihr unter dem Applaus der Zuschauer Walzer zu tanzen. In Folgejahren treffen wir Horst und mitunter auch Peter regelmäßig bei Laufveranstaltungen im Raum Köln, in der Niederlande sowie in Monschau, Arolsen, Hamburg etc.. 


2002: 6-Stunden-Lauf in Stein, NL - Fotoalbum
 
Markus, Gisela, Karlheinz in Stein, NL Horst Preisler, Markus, Karlheinz, Gisela in Stein, NL Markus und Gisela in Stein, NL
 
Da Horst als Vielstarter hohe Reisekosten hat, muss er mit seinem Budget sparsam umgehen. Als ehrenamtliches Mitglied im Beirat der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) startet Horst bevorzugt bei Läufen, die er mit Beiratssitzungen verbinden kann, durch die Reise- und Übernachtungskosten gedeckt sind. Da das nur sporadisch möglich ist, kommt Horst bei der Organisation seiner Laufreisen gerne auf Übernachtungsangebote und Mitfahrgelegenheiten aus seinem Kreis von Lauffreunden zurück, u.a. mehrmals auch bei uns.

In einem seiner Briefe berichtet Horst, dass er wie wir für den 3. März 2002 in der niederländischen Provinz Limburg eine Teilnahme am 6-Stunden-Lauf in Stein plane, aber die Organisation wegen eines Starts am Vortag in Husum und ungünstiger Zugverbindungen schwierig sei. Wir bieten Horst die Übernachtung bei uns und eine gemeinsame Fahrt per Auto zur Laufveranstaltung an. So haben wir das dann auch gehandhabt. Von 2002 bis 2005 ist Horst unser regelmäßiger Gast.


2002: Besuch in Hamburg - Fotoalbum

Besuch Horst Preisler in Hamburg-Berne Im Rahmen des Hamburg-Marathons 2002 lädt Horst uns zum Kaffee in sein Hamburger Heim ein und stellt uns seiner Frau vor, die uns sehr freundlich aufnimmt und anlässlich unseres Besuchs frisch gebacken hat. Unser Gespräch dreht sich nur wenig um das Laufen und vor allem um Enkelkinder, die Horst und seiner Frau äußerst wichtig sind. 
Nach Kaffee und Kuchen zeigt uns Horst sein Laufshirt, das er morgen tragen wird. Der Termin des Hamburg-Marathons ist für Horst ein Fixpunkt. Seit 1986 hat Horst (bis 2014) an allen Hamburg-Marathons teilgenommen und erhält vom Veranstalter einen Freistart mit der Startnummer 1. Am Vorabend des Marathons besucht Horst den ökomenischen Auftaktgottesdienst des Marathons in der Hauptkirche St. Petri.



2003: Riss der Quadrizepssehne des linken Knies

Im Sommer 2003 reißt bei einer Bergtour in den italienischen Alpen die Quadrizepssehne meines linken Knies. Nach dramatischer Hubschrauber-Bergung und anschließendem Kranken-Rücktransport erfolgt die erforderliche OP in einer Kölner Klinik. Trotz langer und intensiver Reha ist das linke Knie nicht mehr voll belastbar, sodass nach 2003 Laufaktivitäten und Teilnahmen an Wettkämpfen im gewohnten Umfang nicht mehr möglich sind. Der Abschied vom Laufsport fällt schwer und vollzieht sich über mehrere Jahre. 2011 beende ich den letzten Marathon als Läufer und wechsle in nachfolgenden Jahren zum Walking. Mit nachfolgend zwangsweise ausschleichendem Rückzug von Laufveranstaltungen nimmt die Intensität von Kontakten zu Läufern allmählich ab. Insbesondere losere Kontakte schlafen über Jahre allmählich ein.


2004/2005: 6-Stunden-Lauf in Stein, NL - Fotoalben: 20042005
 
Gisela mit Horst Preisler Horst Preisler Zeitnahme in Stein
 
 
Wie bereits 2002, übernachtet Horst auch 2004 und 2005 vor dem 6-Stunden-Lauf in Stein bei uns und fährt gemeinsam mit uns zu den Veranstaltungen. Im Rahmen der Übernachtung 2005 kündigt Horst an, dass anlässlich seines 70. Geburtstags im Sommer 2005 im Hamburger Sportpark Oldenfelde ein Geburtstagsmarathon stattfinden werde, zu dem er uns einladen wolle. Horst bittet uns, die Information vertraulich zu behandeln. Teilnehmen sollen nämlich nur von Horst persönlich eingeladene Läufer. 
 
 
2005: Geburtstagsmarathon anlässlich Horst Preislers 70. Geburtstag - Fotoalbum
 
Teilnehmer im Sportpark Oldenfelde Hamburg Wolfgang Kucklick, Präsident des HLV, als Starter Horst im Ziel

Der Geburtstagsmarathon muss als Lauf offiziell ausgeschrieben sein, damit er in Laufstatistiken gezählt werden kann. Das ausgeschriebene Teilnehmerlimit von 50 Läufern ist mit den von Horst persönlich eingeladenen Teilnehmern erschöpft.(2) Erlöse des Laufs sind als Spende für eine von Siebenten-Tags-Adventisten betriebene Missionsschule in Ghana vorgesehen, in der Horsts Tochter Beate und ihr aus England stammender Ehepartner aktiv sind.

Am 20.08.2005 finden wir uns im exklusiven Kreis etlicher ‚Urgesteine‘ der Ultralaufszene in Hamburg zum Geburtstagsmarathon ein. Horst tritt natürlich mit der Startnummer 1 an. Startnummer 2 ist für Gisela vorgesehen, was sicherlich kein Zufall ist, sondern ein Zeichen der Wertschätzung. Nach mehreren Gruppenfotos startet Wolfgang Kucklick, 1.Vorsitzender des LAV Hamburg-Nord und langjähriger Cheforganisator des Hanse-Marathons Hamburg, den Geburtstags-Marathon und übernimmt während der gesamten Veranstaltung die Moderation des Laufs.(3,4) Dass ich den Lauf trotz meines Knieproblems erfolgreich über die Gesamtdistanz beenden kann, ist für mich ein persönlicher Erfolg.(5) 
 
 
2005/2006: Marathonstudie Universitätsklinikum Essen - Fotoalbum

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Koronare Ereignisse zählen zu den größten Risiken im fortgeschrittenen Alter. Um Risikofaktoren früher zu erkennen und die Prognosefähigkeit koronarer Ereignisse zu verbessern, führt das Universitätsklinikum Essen seit dem Jahr 2000 die Heinz Nixdorf RECALL-Studie als wissenschaftlich-medizinische Mehrgeneration-Studie durch, in der Risiken von Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht werden.(6) Ein Zweig dieser Studie untersucht in einer von der Ruhrkohle AG unterstützten Marathonstudie im Zeitraum 2005-2006 den Einfluss langjährig ausgeübten Ausdauersports (Langlauf) auf die koronare Situation im Vergleich zwischen Ausdauersportlern (Marathonläufern) und der Durchschnittsbevölkerung.

Zu den 102 männlichen Probanden im Alter von 50+ zählen u.a Horst Preisler und ich, wobei Horst als ‚Star‘ dieser Studie die Aufmerksamkeit von Medien erhöht. In mehreren Durchgängen werden wir von einem äußerst engagierten Team absolut gründlich mehrfach untersucht. Damit die Belastung der Wettkampfsituation in die Untersuchung einbezogen werden kann, ist die Teilnahme am Düsseldorf-Marathon 2006 verpflichtend. 
 
Zu Beginn des Jahres 2006 veranstaltet das Projektteam in Vereinsräumen des TUS Breitscheid in Ratingen ein liebevoll und aufwändig organisiertes Läufertreffen, zu dem Projektteilnehmer mit ihren Partnern aus ganz Deutschland anreisen. Nach einem gemeinsamen Trainingslauf werden vom Grill Wurst und Schnitzel sowie Kuchen, belegte Brötchen und Getränke angeboten. Vorträge informieren über den Stand der Studie und über Planungen. Eine Mitarbeiterin der Rheinischen Post erstellt eine Foto-Dokumentation.(7)

Ab 2007 werden Ergebnisse der Studie weltweit diskutiert.(8,9,10) Zitat der Schlussfolgerungen in der Studienbeschreibung (übersetzt):
  • Regelmäßiges Marathonlaufen hat eine positive Wirkung auf das kardiovaskuläre Risikofaktorprofil, aber das Ausmaß der verkalkten Koronarplaque wird von diesem Risikofaktorprofil unterschätzt, da 36 % der Marathonläufer im Alter von ≥ 50 Jahren einen CAC-Wert von ≥ 100 haben und 9 % von ihnen eine Koronartherapie benötigen. Fortgeschrittene CAC-Scores scheinen zu einer erhöhten Myokardschädigung beizutragen und das Ergebnis zu beeinträchtigen. Häufiges Marathonlaufen schützt diese Athleten möglicherweise nicht vor dem Risiko von koronaren Ereignissen.
In einem Interview mit der Tageszeitung NRZ vom 26.04.2016 erklärt Prof. Dr. Stefan Möhlenkamp, ehemaliger Projektleiter der Studie und seit 2011 Chefarzt der Kardiologie im Moerser Krankenhaus Bethanien:(11)
  • Es gibt unendlich viele Studien, die belegen, dass das Laufen – jenseits des Extremsports - gesund ist. Regelmäßiger Ausdauersport in niedriger bis mittlerer Intensität, bis zur hohen Intensität – möglicherweise eingeschränkt mit höchster Intensität – ist sowohl bei herzgesunden, als auch bei herzkranken Menschen gesund. Aus ärztlicher Sicht ist es aber egal, was man macht. Die Hauptsache ist: man bewegt sich. Jeder Schritt zählt und jeder Akt der körperlichen Betätigung ist gut. Was der normale Mensch an Zeit für sportliche Aktivität erübrigen kann, das ist in jedem Fall gesund und sollte ausdrücklich gefördert werden. Und dabei ist es egal, ob es das Laufen, Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren und so weiter ist. Für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Ausdauersport allerdings etwas besser – insbesondere im Hinblick auf die Risikofaktoren, wie Gewicht, Bluthochdruck, Cholesterinwerte und die Blutzuckererkrankungen, als Kraftsport. Aber Kraftsport darf durchaus ergänzend gemacht werden. Und in den letzten Jahren mehren sich zudem die Daten, die zeigen, dass das Laufen nicht nur für Herz-Kreislauf- Erkrankungen gut ist, sondern auch zur Krebsvorsorge und zur Vorsorge von anderen Erkrankungen, wie Infektionskrankheiten.

 
2006ff.: Veränderungen
 
Aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen und orthopädischer Handicaps verändern wir ab 2006 unsere sportlichen Aktivitätsmuster und betreiben Sport ausschließlich als Gesundheitssport. An Veranstaltungen nehmen wir nur noch selten und nicht als Wettkampf teil, schätzen aber nach wie vor Veranstaltungen als unterhaltsames Programm der Kontaktpflege. Mit dem veränderten Aktivitätsmuster nehmen Kontakte zu Horst ab, der weiterhin an fast jedem Wochenende an Wettbewerben teilnimmt, der aber inzwischen auch seine Kreise enger zieht. Wir pflegen jedoch weiter Austausch per E-Mail. 
 
Seitdem Horst langsamer geworden ist, startet er bevorzugt bei 12-Stunden- und 24-Stunden-Läufen, von denen bis 2016 etliche pro Jahr absolviert.
 
 
2009: 13. Kieler Leuchttürmelauf - Fotoalbum
 
Kieler 5 Leuchttürme-Lauf am Leuchtturm Holtenau Kieler 5 Leuchttürme-Lauf Kieler 5 Leuchttürme-Lauf am Leuchtturm Friedrichsort
 
In der 2. Jahreshälfte 2005 übernehme ich ein neues berufliches Engagement in Kiel, mit dem meine berufliche Laufbahn 2010 endet. In diesem Zeitraum bewohne ich in Kiel-Schilksee ein Appartement als Zweitwohnsitz. Außerhalb der Ferienzeiten pendle ich an Wochenenden zwischen Schilksee und Köln. In Ferienzeiten und an verlängerten Wochenenden reist Gisela gerne nach Schilksee.

In einer seiner E-Mail-Nachrichten macht Horst auf den Kieler Leuchttürmelauf aufmerksam, ein Kult-Gruppenlauf, den Heinz Behrmann seit 1997 für einen kleinen Läuferkreis jeweils im Februar privat ausrichtet (Rückblick Heinz Behrmann auf 18 Kieler Dreileuchttürmeläufe). Horst ist regelmäßiger Teilnehmer. Wir fragen bei Heinz Behrmann an und finden bei Vergabe der begehrten Startplätze tatsächlich Berücksichtigung. Teilnehmer zahlen einen Unkostenbeitrag von 7 € für die Streckenverpflegung. Für ihre Teilnahme unternimmt Gisela eine Wochenend-Kurz-Flugreise in den Norden.

Vor dem Start finden sich die Teilnehmer im Privathaus von Heinz und Regina Behrmann in Kiel-Holtenau ein. Von Schilksee haben wir nur eine kurze Anreise. Heinz begrüßt uns wie alte Freunde und überreicht uns ein bedrucktes Funktions-T-Shirt. Horst und weitere uns bekannte und unbekannte Gesichter der Laufszene sind bereits vor Ort. Als Hobby betreibt Heinz neben dem Laufsport Besuche von Leuchttürmen im Rahmen von Reisen sowie das Sammeln von Fotos, Büchern und Modellen zu Leuchttürmen in aller Welt. Ein Teil der Sammlung ist im Privathaus ausgestellt. Aufgrund seiner Leidenschaft ist Heinz in Läuferkreisen als Leuchtturm-Heinzi bekannt. - Homepage Heinz Behrmann

Der Lauf startet vor dem Wohnhaus von Heinz und Regina Behrmann und führt auf einer Küstenroute in gemächlichem Tempo über die Leuchttürme von Holtenau und Friedrichsort bis zum Leuchtturm Bülk bei Strande. Pünktlich zum Start setzt Schneefall ein, der uns auf der gesamten Strecke begleitet und die Teilnehmer auf eine harte Probe stellt. An den Leuchttürmen werden Gruppenfotos aufgenommen und Verpflegungen angeboten. Am Leuchtturm Bülk sind ca. 25 km zurückgelegt. Wer dort aussteigen möchte, kann einen organisierten Rücktransport in Anspruch nehmen. Wir nutzen dieser Option und lassen uns zurück nach Schilksee fahren. Der harte Kern läuft in verschiedenen Tempogruppen auf einer Inlandstrecke zurück nach Holtenau und legt insgesamt ca. 43 km zurück. Nach dem Lauf bewirten Regina und Heinz einen Kreis von 50 Teilnehmern mit einer After-Run-Party im Wohnzimmer ihres Privathauses.(12)

Einige Tage nach dem Lauf holen wir bei Heinz und Regina unsere Urkunden und Medaillen ab. Als Teilnehmer erhalten wir in Zippel’s Laufladen einen Sonderrabatt und erstehen hochwertige Winter-Laufbekleidung, die bis heute gute Dienste leistet.
 
 
2013: Unser letztes Treffen beim 24-Stunden-Lauf am Seilersee, IserlohnFotoalbum
 
Gisela und Horst Preisler Im Ziel des 100. Marathons nach 42,896 km Nachfeier zu Hause
 
Im Rahmen eines 24-Stundenlaufs am Seilersee sind wir für die offene Gruppe gemeldet. Wir legen die Marathondistanz als Walker zurück, sodass ich meinen 100. und Gisela ihren 99. Marathon vollenden. Im Startbereich der bedauerlicherweise inzwischen eingestellten Laufveranstaltung treffen wir auf etliche Urgesteine des deutschen Ultralaufs, u.a. auf Horst Preisler. Horst ist für den Hauptlauf über 24 Stunden gemeldet. Da unser letztes persönliches Treffen bereits mehrere Jahre zurückliegt, feiern wir ein freudiges Wiedersehen. Vor dem Start ist insbesondere auf Horsts Seite ein starkes Mitteilungsbedürfnis zu verspüren. Unlösbare familiäre Probleme belasten und deprimieren ihn. Das Gewicht seiner Probleme können wir nicht gemeinsam stemmen, aber das Umfeld der Läuferfamilie mobilisiert seine schwächer werdenden Kräfte.

Die Strecke legt Horst wie wir und einige weitere Teilnehmer als Walker zurück. Begriffe wie ‚Walker‘ und ‚Walking‘ lehnt Horst jedoch als ‚fremdländisch‘ ab und besteht darauf, dass er ‚geht‘ oder ‚marschiert‘. Welche Bezeichnung wir für unsere Art der Bewegung bevorzugen, ist uns eher unwichtig. Wir bevorzugen ‚Walking‘ im Sinne von ‚sportliches Gehen‘, das sich nach unserer Meinung vom Marschieren, Wandern und Spazierengehen hinsichtlich der Intensität deutlich unterscheidet.

Am Seilersee ist Horst in seiner typischen schrägen Haltung mit schlackernden Armen unterwegs. Horst ist 15 Jahre älter als wir, aber für dieses Alter unglaublich fit. Über 6 Stunden überrunden wir ihn mehrmals und nutzen Überholvorgänge jedes Mal für einen kurzen Plausch. Während unser Soll nach 24 Runden bzw. 42,896 km in 6:23 Std. erfüllt ist, legt Horst 53,624 km zurück. Beim Verlassen des Wettbewerbs verabschieden wir uns von Horst. Dass es ein Abschied für immer sein wird, wissen wir glücklicherweise zu diesem Zeitpunkt nicht und können daher unsere Trauer aufschieben.(13)
 
 
Epilog
 
2016 endet die DUV-Statistik Horst Preisler und damit wahrscheinlich auch Horsts Marathonserie. Im World Megamarathon Ranking, das Horst über viele Jahre anführte, liegt er im Jahr 2021 mit 2002 absolvierten Wettkämpfen über Distanzen von Marathon und mehr auf Platz 5. Einige hinter ihm liegende jüngere Läufer werden ihn voraussichtlich in den nächsten Jahren überholen. Horsts Ruhm als Pionier des Ultra-Langstreckenlaufs leidet darunter nicht. Horst bleibt unvergessen.

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  1. Post 2001: 76. Comrades Marathon 2001
  2. Hamburger Abendblatt: Ein Marathonlauf zum 70. Geburtstag 
  3. Laufbericht von Wolfgang Schwabe: Horst Preisler Marathon Hamburg
  4. German Road Races: Wolfgang Kucklick – Ein Name wie Donnerhall!
  5. Bericht von Heinz Behrmann alias Leuchtturm-Heinzi innerhalb seines Rückblicks auf das Jahr 2005 
  6. Deutsches Ärzteblatt international: Cardiovascular Risk Factors and Signs of Subclinical Atherosclerosis in the Heinz Nixdorf Recall Study (PDF)
  7. Post 2006: Ist Laufen schädlich? Anmerkungen zur Marathonstudie
  8. Bericht über die Studie im German Heart Journal 29/15, August 2008: Risk Stratification for Coronary Artery Disease in Marathon Runners (PDF)
  9. German Road Races: Neue Einblicke in die Herzen älterer Marathonläufer – Priv.-Doz. Dr. Stefan Möhlenkamp stellte kürzlich auf amerikanischen Fachtagungen seine aktuellen Daten vor
  10. German Journal of Sports Medicine 62/9, 2011: Schadet Marathonlauf dem Herzen? (PDF)
  11. NRZ, 26.04.2016: Warum ist das Laufen so gesund, Herr Prof. Dr. Möhlenkamp? (online nicht mehr verfügbar)
  12. Heinz Behrmann: Lauf 2009
  13. Post 2013: 24-Stundenlauf um den Seilersee bei Iserlohn

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