Samstag, 27. April 2013

Ankunft im 100-Marathon-Club - Im Jubiläumsjahr einer 25-jährigen Laufkarriere ist der 100. Marathon vollendet

Zielfoto nach dem 100. Marathon
Trophäen des 100. Marathons
Zahlen haben Eigenschaften, die faszinieren können. Primzahlen sind u.a. solche Zahlen, deren Geheimnisse und Ästhetik Menschen seit Jahrtausenden beschäftigen. Jubiläumszahlen halten wir dagegen für Zahlenmagie, die Aberglauben entspringt. Wenn Meilensteine eines Lebens mit Zahlen fixiert werden, dürfte unbewusst magisches Denken beteiligt sein, dem auch wir nicht entkommen. Wie auch immer, unsere Läuferkarriere hat im Alter von 38 Jahren spät begonnen und währt bereits seit 25 Jahren. Mit dem Alter auftretende Einschränkungen körperlicher Leistungsfähigkeit lassen sich nicht ignorieren. Wir müssen ihnen Tribut zollen. Bei der Zahl von 99 bzw. 97 absolvierten Marathons (inkl. Ultraläufen) unter Wettkampfbedingungen gerät die Laufkarriere ins Stocken. Diese Zahlen können nicht zufrieden stellen, sie bewirken statt dessen Anmutungen von Unvollständigkeit, die nach Vollendung drängen. Daran arbeiten wir, denn die Motivation ist nicht erloschen. Dank der Veranstaltung des 6. 24-Stundenlaufs am Seilersee können wir heute unserer Erfolgsliste einen Marathon hinzufügen. Diashow der Fotoserie   
Den Organisatoren und einem wunderbaren Team danken wir von Herzen für ein großartiges Geschenk an die Läufergemeinde!


Motiv am Seilersee, Iserlohn
Gegebene Bedingungen lassen uns seit etwas mehr als einem Jahr von Läufern zu Walkern mutieren. Diese Anpassung des Belastungsniveaus macht uns zwar nicht glücklich, aber sie verhindert das viel größere Unglück psychischer und somatischer Beschwerden, die sich bei Bewegungsmangel kurz über lang unweigerlich einstellen. Veranstaltungsangebote für Walker beschränken sich meistens auf kürzere Distanzen bis zu 10 km. Auf der Suche nach Veranstaltungen, die auch Walkern auf Distanzen bis Marathon und darüber hinaus offenstehen, werden wir auf den Lauf um den Seilersee bei Iserlohn aufmerksam.







Ausgabe der Startunterlagen
Kern dieser Laufveranstaltung ist ein Lauf über 24 Stunden. Da nur wenige Ultraspezialisten derartige Umfänge laufen können und dann auch eher selten, ergänzen mehrere Rahmenläufe diesen Hauptlauf.
Das Konzept der 'Freerunner' ist neu für uns. Ein 'Freerunner' ist auf keine Distanz oder Dauer festgelegt und kann innerhalb des Zeitrahmens von 24 Stunden jederzeit einsteigen und aussteigen. Für einen Beitrag von 10 € sind 'Freerunner' offizielle Teilnehmer mit Startnummer. Sie erhalten Urkunde und Medaille und nehmen an der Streckenverpflegung teil. Für zusätzlich 10 € sind 'Freerunner' mit einem Transponder für die elektronische Rundenzählung ausgestattet und sie sind berechtigt, das Zeitfenster der ersten 6 Stunden zu nutzen.





Motiv der Laufstrecke am Seilersee
Wir treffen auf ein bestens organisiertes attraktives Gesamtprogramm, dessen Angebote neben Ultraläufern vor allem Familien ansprechen und auch anziehen, obwohl das Wetter heute eher gegen Außenaktivitäten spricht. Wir treten mit Winterbekleidung an, denn am Mittag liegt die Temperatur bei 4 Grad und verändert sich über den Tag nur unwesentlich. Dunkle Wolken verkünden Regen, der sich glücklicherweise nicht einstellt.









Läufer an der Startlinie
Ultraläufer sind bemerkenswert glückliche Menschen, obwohl sie überwiegend zu reifen Jahrgängen zählen. Jenseits des Leistungszenits auf kürzeren Strecken pflegen sie ihre Leidenschaft zu meditativen Läufen auf langen Distanzen und genießen die familiäre Atmosphäre der Gemeinde. Unfreiwillig mussten wir uns vor 10 Jahren aus der überschaubaren Gemeinde der Ultraläufer zurückziehen und fragen uns heute, ob wir auf alte Bekannte treffen werden.
Ein reiner Seniorientreff ist die Veranstaltung jedoch nicht. Die integrierten Staffelwettbewerbe ziehen nämlich viele jüngere Läufer an.







Begegnung mit Horst Preisler am Seilersee
Bei der Registrierung begegnen wir Horst Preisler, Jahrgang 1935, ein Weggefährte, mit dem uns etliche gemeinsame Erlebnisse verbinden. Horst war bis Mitte des Jahres 2011 ein Star der Szene mit mehr als 1.800 absolvierten Marathon-/Ultraläufen. Über viele Jahre führte Horst die weltweite Rangliste absolvierter Marathonläufe an. Im Jahr 2005 hatten wir die Ehre, zu den handverlesenen Laufgästen zu zählen, die Horst anlässlich seines 70. Geburtstags zu einem Marathonlauf in seiner Heimatstadt Hamburg-Berne eingeladen hat.
Im Alter von bald 78 Jahren lassen auch seine Kräfte nach, weshalb er inzwischen Sollzeiten von 6 Stunden ausweicht und (wie wir) Veranstaltungen mit großzügigen Zeitfenstern bevorzugt. Wenn es gut läuft, erzielt Horst noch immer Zeiten um 5 Stunden über die Marathondistanz.




Else und Martin Beyer in gelben Jacken
392 Einzelläufer und 95 Staffeln gehen insgesamt, aber nicht alle gleichzeitig an den Start. Im Startraum halten sich Else und Martin Bayer auf, beide sind Jahrgang 1939 und haben für den 6-Stundenlauf gemeldet. Else Bayer war auf Distanzen bis zu 1.000 Meilen eine internationale Größe und hält bis heute etliche Bestleistungen. Vom Leistungssport haben sich Else und Martin altersbedingt verabschiedet. Sie nehmen als Genießer teil und legen gehend in 6 Stunden etwas mehr als 30 Kilometer zurück, was für die meisten Menschen auch im jüngeren Alter unvorstellbar ist.








Motiv auf der Laufstrecke
Die Strecke um den Seilersee ist 1,788 km lang und dementsprechend oft zu bewältigen. Monotonie oder gar Widerwille kommen auf diesem schönen Kurs nie auf. Start, Zeitnahme und Wechselzone liegen unter einer schützenden Autobahnbrücke. Etwa 200 m weiter führt der Kurs durch ein Sportstadion, in dem sich die Verpflegungszone befindet und Betreuer von Läufern der Langdistanz ihre Zelte aufgebaut haben. Wie üblich bei Ultraläufen hält die Verpflegungsstation ein breites Angebot an Getränken, Obst, Riegeln, Keksen, Gebäck etc. vor, um möglichst allen Vorlieben und Gewohnheiten gerecht zu werden.







Zeitnahme im Ziel
Zielfoto
Für unsere Verhältnisse sind wir heute flott unterwegs und gehen von Anfang bis Ende konstante Rundenzeiten zwischen 15:35 und 15:55 Minuten. Selbst bei kurzen Aufenthalten der Verpflegung bleiben wir unter 17 Minuten. 24 Runden müssen wir zurücklegen, um nach der letzten Zeitmessung eine Distanz von mehr als 42,195 km ausweisen zu könne. Nach 6:23:13 Stunden erreichen wir das Ziel ein wenig müde und mit qualmenden Füßen, vor allem aber hoch zufrieden. Offiziell haben wir 42,896 km zurückgelegt, 701 m mehr als die Marathondistanz erfordert. Einer der 24-Stundenläufer sieht, wie wir mit dem Fotoapparat hantieren und bietet sich spontan an, uns gemeinsam zu fotografieren. Danke! Sorry, wenn wir die Laufstrecke einen Moment blockiert haben.


Verpflegung mit Kuchenbuffet
Bei Rückgabe des Transponders erhalten wir eine Medaille in Verbindung mit Glückwünschen. Erwartet haben wir das nicht, empfinden aber diese Würdigung als völlig berechtigt. Vor unserer Heimfahrt stärken wir uns noch einmal in der Verpflegungszone und genießen frischen Kuchen, der dank der großzügigen Kuchenspende eines lokalen Bäckers angeboten wird.










Gegen 20:00 Uhr treffen wir zu Hause ein und würdigen mit einem Glas Sekt diesen denkwürdigen Tag, an dem alte Zeiten aufleben. Das Erlebnis von heute motiviert zur Arbeit an Fortsetzungen bzw. an einer Karriere 2.0. Wir sind wieder da, wo wir uns gerne aufhalten, melden unsere Emotionen. Dass wir auch im nächsten Jahr bei dieser großartigen Veranstaltung an den Start gehen wollen, ist bereits ausgemacht.
Am Ende eines langen Tages knacken 5 Läufer über 24 Stunden die magische Grenze von 200 km. Alois Wimmer (Altersklasse M50) gewinnt mit 216,558 km den Wettbewerb.
Im 12-Stundenlauf erzielt Ruth Jäger mit 94,784 km einen neuen Rekord in der Altersklasse W60 (60-64 Jahre!) und verbesserte die von Else Bayer gehaltene alte Rekordmarke um 2 km. Chapeau!

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