Um Vergleichbarkeit zu ermöglichen, wird wegen seiner einfachen Praktikabilität häufig der „BMI“ als eine Maßeinheit verwendet, die eine Aussage über das Körpergewicht im Verhältnis zur Größe trifft. Im Hinblick auf die Frage, welches Körpergewicht sowohl unter gesundheitlichen als auch unter sportlichen Aspekten als gesund oder als optimal gelten kann, beziehen sich Aussagen ebenfalls häufig auf den Wert des „BMI“.
Allerdings sollte nicht übersehen werden, dass die Aussagen des „BMI“ keine absolute Gültigkeit beanspruchen können. Der „BMI“ muss nämlich in Abhängigkeit weiterer Einflussfaktoren interpretiert werden, um aussagekräftig zu sein. Es kann jedoch als gesichert gelten, dass für einen Marathonläufer in der Altersklasse „Hauptklasse männlich“ bei einem normalen Körperbau ein „BMI“ mit dem Wert „20“ unter gesundheitlichen und unter sportlichen Aspekten als optimal zu bewerten ist. Daran schließt sich die Frage an, ob ein BMI von 20 prinzipiell als optimal zu werten ist. Nach dem (mittlerweile nicht mehr aktuellen!) Stand des Wissens scheint das nicht der Fall zu sein!
Anmerkungen vom 22.07.2016 aus aktuellem Anlass
Eine am 13. Juli 2016 im medizin-wissenschaftlichen Portal The Lancet veröffentlichte Meta-Studie mit dem Titel The Global BMI Mortality Collaboration zwingt zu einer völligen Neubewertung des Zusammenhangs von Übergewicht und Lebenserwartung. Ein Team von 500 Forschern aus 300 Instituten wertete in einer Meta-Analyse Patientendaten von 10,6 Millionen Menschen in 239 Studien aus 32 Ländern aus und rückt den fraglichen Sachverhalt mit hoher Relevanz in neues Licht (FAZ vom 24.07.2016: Leben Dicke wirklich länger?):- Die aktuelle Meta-Analyse widerlegt die These, dass sich einige Pfunde zu viel nicht auf die Lebensdauer auswirkten und belegt, dass Übergewicht oder Fettleibigkeit das Risiko eines vorzeitigen Tods erhöht. Für Menschen mit mäßigem Übergewicht verkürzt sich die Lebenserwartung um ein Jahr. Stark übergewichtige, adipöse Menschen verlieren statistisch zehn Jahre.
- Das vermeintliche Adipositas-Paradoxons, gemäß dem epidemiologisch nachweisbar sei, dass Dicke eine höhere Lebenserwartung haben als Normalgewichte (Von wegen ungesund - Dicke leben länger), beruht auf Design- und Interpretationsfehlern vorausgegangener epidemiologischer Studien, bestätigt aus das Deutsche Ärzteblatt in einer Meldung vom 14.07.2016: Studie widerlegt Adipositas-Paradoxon
- Ob die Frage des Zusammenhangs von Übergewicht und Lebenserwartung abschließend beantwortet ist, muss sich noch erweisen.
Was bedeutet "BMI"?
BMI ist die Abkürzung für ‚Body-Mass-Index’, eine Maßzahl für die Bewertung des Körpergewichts eines Menschen (genauer: seiner Körpermasse) in Relation zu seiner Körpergröße.
Ermittelt wird der BMI als Quotient des Verhältnisses von Körpergewicht in kg und der Körpergröße in m2. (BMI = Gewicht kg / Größe m2)
Im Internet kursieren zahlreiche BMI-Rechner. Die hier verlinkte Version enthält viele zusätzliche Informationen rund um den BMI:
Link auf einen BMI-Rechner im Internet
Anmerkungen zur Interpretation des BMI
Der BMI ist lediglich ein grober Richtwert, der von mehreren Variablen beeinflusst wird:
- Geschlecht: Das Verhältnis zwischen Muskelmasse und Körpergewicht verschiebt sich anlagebedingt zwischen den Geschlechtern.
- Alter: Die typischen BMI-Werte gelten für das mittlere Erwachsenalter. Das Verhältnis zwischen Muskelmasse und Körpergewicht verschiebt sich mit zunehmendem Alter. Die Bewertung dieser Verschiebung ist strittig.
- Körperbau: Im Bereich der Hüfte und/oder der Schulter besonders breit gebaute Menschen haben im Verhältnis zur Körpergröße mehr Körpermasse als normal gebaute Menschen. Umgekehrt haben besonders schmal gebaute Menschen weniger Körpermasse.
- Konstitution: Der BMI lässt unberücksichtigt, in welchem Verhältnis sich Muskelmasse und Fettgewebe verteilen. Bei Sportlern, die athletische Sportarten intensiv betreiben (z.B.: Kugelstoßer, Hammerwerfer, Bodybuilder) und daher überdurchschnittliche Muskelmasse aufbauen bei gleichzeitig wenig Fettgewebe, hat der BMI keine Aussagekraft, wenn nicht auch der Körperfettanteil bestimmt wird.
- Sonderfälle: Für Schwangere und stillende Mütter gilt der BMI nicht. Für Kleinkinder und Körperteilamputierte muss der Standard-BMI modifiziert werden.
- Prinzipiell ist zu beachten, dass Normalwerte, Grenzwerte und Einteilungen von Gewichtsklassen auf willkürlichen Festsetzungen beruhen, die insbesondere im Bereich von Extremwerten medizinisch strittig sind. Dieses Argument sollte uns nicht dazu verleiten, die Maßzahl des BMI wegen eines unbefriedigenden Erkenntnisstandes völlig abzulehnen. In der Medizin gibt es ohnehin kaum unstrittige Sachverhalte, weshalb gegenüber medizinischen Themen kritische Wachsamkeit immer angebracht ist! Das bedeutet, wir sollten uns nicht auf einzelne Aussagen verlassen, sondern uns möglichst aus mehreren verlässlichen Quellen Informationen beschaffen und diese miteinander vergleichen.
Aktuell geltende Normwerte des BMI
Auch in der Medizin wird der BMI genutzt, um das Körpergewicht eines Menschen unter gesundheitlichen Aspekten zu bewerten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf, hat im Jahr 2008 ein Klassifikationsschema für Erwachsene festgelegt (Tabelle 1). Die Abhängigkeit von Körpergröße und Körpergewicht zeigt Tabelle 2.
Tabelle 1 - Gewichtsklassifikation Erwachsener anhand des BMI, WHO 2008:
Gemäß einem von der 'Deutschen Adipositas Gesellschaft' (DAG) veröffentlichten OECD-Bericht des Jahres 2010 ist in Deutschland das Körpergewicht von 60 % aller erwachsenen Männer und 45 % aller erwachsenen Frauen höher als das Normalgewicht (BMI > 25). Als adipös (BMI > 30) gelten 16 % aller deutschen Männer und Frauen (Zahlen des Jahres 2008).
Statistisch senkt Übergewicht die Lebenserwartung um 3 Jahre und Fettleibigkeit um 7 Jahre. Der auf Übergewicht und Fettleibigkeit beruhende DALY-Faktor (disability-adjusted life years), einer Maßzahl, die zusätzlich zur Sterblichkeit auch die Beeinträchtigung des normalen, beschwerdefreien Lebens durch Krankheit erfasst, liegt bei fast 10 %. Dieser Faktor besagt, dass etwa 1/10 der Lebenszeit von den krankheitsbedingten Folgen der Übergewichtigkeit belastet sind. Die Risikolast ist mit der von Rauchern vergleichbar. Allerdings ist einzuwenden, dass im Unterschied zum Rauchen, bei dem ursächliche Zusammenhänge zu Risiken hoch signifikant sind, das Risiko von Übergewicht unterhalb der Schwelle zur Fettleibigkeit weniger eindeutig ist und eher so etwas wie ein Risikoindikator ist, der auf die eher versteckten tatsächlichen Risiken verweist. Link zur Webseite der Deutschen Adipositas Gesellschaft
Zahlen dieser Art verbergen regelmäßig zwei Probleme, die zu beachten sind, um nicht in Fallen von Fehldeutungen zu geraten:
- Bei statistischen Aussagen geht es um die Verteilung von Wahrscheinlichkeiten über größere Populationen (Aggregate von Menschen mit gemeinsamen Merkmalen), die nichts über das tatsächliche individuelle Schicksal aussagen, das im Einzelfall völlig anders ausfallen kann. Darum haben Aussagen, dass beispielsweise auch Nichtraucher an Lungenkrebs sterben, Dicke alt werden können und auch schlanke Sportler früh sterben, absolut keine Aussagekraft hinsichtlich der Risikosituation insgesamt!
- Vermeintliche Zusammenhänge zwischen zwei Variablen wie z.B. Gewicht und gesundheitliche Risiken mögen plausibel erscheinen, können aber trotzdem auf Fehldeutungen beruhen. Fachleute sprechen in solchen Fällen von "Scheinkorrelationen".
(In Gegegenden, die Störche zum Nisten bevorzugen, ist bekanntlich die Geburtenrate von Menschen höher ist als in Gegenden ohne Störche. Die Behauptung eines Zusammenhangs zwischen Storchansiedlungen und Geburtenraten beruht auf einer typischen "Scheinkorrelation", die in diesem Fall leicht zu erkennen ist.)
Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Körpergewicht und Gesundheitsrisiken besteht ein starker Verdacht, dass zumindest unterhalb der Grenze zur Fettleibigkeit eine Scheinkorrelation vorliegt. Viele Hinweise berechtigen zu der Annahme, dass die Risiken auf Sachverhalte zurückzuführen sind, die sich als "Lebensstil" umschreiben lassen. Der Lebensstil ist eine komplexe Variable, die sich aus mehreren Einzelvariablen zusammensetzt. Bildungsniveau, Einkommenssituation, soziales und kulturelles Umfeld sind bestimmend für Gesundheitsbewusstsein, Ernährungsverhalten und sportliche Betätigung. Es ist zwar (noch) nicht bewiesen, liegt aber auf der Hand, dass der Lebensstil statistisch (!) ausschlaggebend ist für die gesundheitliche Situation und ebenso das Körpergewicht beeinflusst.
Tabelle 2 - BMI-Klassifikation der WHO in Abhängigkeit vom Körpergewicht und von der Körpergröße:
Statistisch verschiebt sich mit zunehmenden Alter die Grenze des Übergewichts in Richtung eines höheren Gewichts (siehe nachfolgende Tabelle). Neuere Studien zeigen, dass bei einigen Erkrankungen ein über der Norm liegendes Gewicht von Vorteil sein kann, während es bei anderen Krankheiten wiederum von Vorteil sein kann, wenn das individuelle Gewicht unter der Norm liegt.
Tabelle 3 - Alterskorrigierter BMI für verschiedene Altersgruppen (Quelle: Universität Hohenheim):
Statistisch variiert der Körperfettanteil über Geschlecht und Alter. Mit zunehmendem Alter steigt der Körperfettanteil an, während die Magermasse durch den Verlust an Muskelgewebe abnimmt. Daher verschiebt sich das Verhältnis zwischen Muskelmasse und Körperfett. Diesen Zusammenhang stellt die nachfolgende Tabelle 5 dar und zeigt vermeintlich aus gesundheitlicher Sicht, wie ein Körperfettanteil zu bewerten ist.
Allerdings ist strittig, ob die mit zunehmendem Alter statistisch festzustellende Zunahme des BMI eine Anpassung der Klassifizierung rechtfertigt. Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine altersabhängige Veränderung der Klassifikation lediglich ein Artefakt ist, der den mit dem Alter zunehmenden BMI legitimiert, ohne diese Verabschiedung mit einer veränderten Risikosituation begründen zu können. Die altersbedingte Änderung der Verteilung von Muskel- und Fettsubstanz lässt sich ohnehin nicht alleine mit Veränderungen des Stoffwechsels erklären, sondern geht in der Regel einher mit zunehmender Bewegungsarmut und unangepasstem Ernährungsverhalten. Mit Training sowie einem auf ausgeglichener Energienbilanz abgestimmten Ernährungsverhalten lässt sich diese statistische Verschiebung individuell verhindern. Die WHO vermeidet für erwachsene Menschen eine altersabhängige Veränderung der BMI-Klassifikation!
Der Körperfettanteil besitzt letztlich mehr Aussagekraft als der BMI. Da der Körperfettanteil nicht so einfach zu bestimmen ist, greifen wir ersatzweise auf den BMI zurück. Ein nicht gesundheitsschädlicher Körperfettanteil liegt bei Frauen in der Regel unter 30 % (besser unter 25 %), bei Männern unter 25 % (besser unter 20 %). Der höhere Körperfettanteil bei Frauen hat vermutlich evolutionäre Gründe, da während der Schwangerschafts- und Stillzeit größere Energiereserven für die Versorgung des Nachwuchses benötigt werden.
Tabelle 5 - Bewertung des Körperfettanteils in Abhängigkeit von Geschlecht und Alter:
Zurück zur Eingangsfrage: Welches Körpergewicht ist gesund?
Auf diese scheinbar sehr einfache Frage gibt es keine einfache Antwort. Die Antwort lautet vielmehr: „Es kommt darauf an!“ Solche schwammigen Antworten sind unbefriedigend und provozieren die Frage: "Worauf kommt es an?"
Insgesamt besteht in der medizinischen Bewertung die Tendenz, die Grenze des Übergewichts in Richtung eines BMI von 30 zu verschieben. Jüngere Untersuchungen zeigen, dass das Körpergewicht im Bereich eines BMI bis ca. 30 kein Indikator für die individuelle Risikosituation im Hinblick auf unerwünschte Ereignisse des Herz-Kreislaufsystems ist, wenn die Personen sportlich fit sind. Umgekehrt haben sportlich unfite, leichtgewichtige Menschen ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten von Ereignissen des Herz-Kreislaufsystems. Prinzipiell scheint Fitness wichtiger zu sein als ein niedriges Gewicht. Andererseits verbündet sich sportliche Fitness meistens auch mit einem niedrigen Gewicht, während höheres Gewicht ein (nicht unüberwindbares) Hindernis für sportliche Fitness bildet. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass Fett nicht gleich Fett ist!
Harte Fakten liefert eine aktuelle Veröffentlichung (November 2012) in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift PLOS Medicine (Artikel auf englisch). Eine in USA durchgeführte Sekundäranalyse über 6 große Primärstudien mit insgesamt mehr als 650.000 Teilnehmern zeigt über einen mittleren Beobachtungszeitraum von 10 Jahren für Menschen mit einem Alter ab 40 Jahre aufwärts den statistischen Gewinn an Lebensjahren durch körperliche Freizeitaktivität (Sport) bzw. umgekehrt den statistischen Verlust an Lebensjahren durch Bewegungsmangel. Um körperliche Freizeitaktivitäten vergleichbar zu machen, verwendet die Studie die Maßeinheit 'MET' (metabolic equivalent of task), die den erhöhten Stoffwechsel pro kg Körpergewicht im Vergleich zum Ruhezustand im Zeitintervall 'Woche' angibt. Die Einheit 'MET' kann für beliebige Aktivitäten genutzt werden. 'Walking' (schnelles Gehen) ist darum in den nachfolgenden Informationen exemplarisch zu verstehen. (Für eine exaktere Definition der Einheit 'MET' sei auf einen Wikipedia-Artikel verwiesen.)
Tabelle 6 - Sterbewahrscheinlichkeit (Kurve A) und Gewinn an Lebenszeit (Kurve B) in Abhängigkeit vom Aktivitätsgrad (unabhängig vom Körpergewicht)
Die Grafiken zeigen sehr eindrucksvoll, dass bereits ab einem Aktivtätsniveau in der Größe von 10 MET-Stunden/Woche (entsprechend etwa 4 Stunden Walking pro Woche) das Sterberisiko deutlich abnimmt und die statistische Lebenserwartung um 3,7 Jahre zunimmt. Mit steigendem Aktivitätsniveau werden die Kurven flacher, d. h. die Verbesserung der Werte nimmt nur noch schwach zu.
Noch bemerkenswerter sind die Aussagen, wenn das Körpergewicht als zusätzliche Variable einfließt. Gemäß der aktuellen Standards bildet die Studie 4 Gewichtsklassen:
1. Normalgewicht mit einem BMI von 18,5 bis 24,9
2. Übergewicht mit einem BMI von 25,0 bis 29,9
3. Leichte Adipositas (Fettleibigkeit) mit einem BMI von 30,0 bis 34,9
4. Schwere Adipositas mit einem BMI ab 35 und größer
An den Grenzen der Gewichtsklassen verändern sich die Werte selbstverständlich nicht sprunghaft, weshalb man die Veränderungen als Kurve verstehen und die jeweiligen Werte auf den Mittelwert einer Gewichtsklasse beziehen sollte.
Tabelle 7 - Verlust an Lebensjahren in Abhängigkeit vom Körpergewicht und vom Aktivitätsniveau
Während die Kurve B in Tabelle 6 bereits zeigt, dass Menschen über alle Gewichtsklassen hinweg abhängig vom Aktivitätsniveau profitieren, zeigt Tabelle 7 den zusätzlichen Einfluss des Gewichts. Bemerkenswert ist an diesem Bild, dass bewegungsarme normalgewichtige Menschen sogar einen Nachteil gegenüber bewegungsarmen übergewichtigen Menschen haben. Selbst gegenüber leicht adipösen Menschen ist bei Bewegungsarmut der Vorteil des Normalgewichts gering. Sogar aktive Dicke (A1 bei Fettleibigkeit Klasse 1 (BMI 30-35) haben eine höhere Lebenserwartung als bewegungsarme normalgewichtige Menschen! Körperliche Aktivität vermag demnach die Nachteile des Übergewichts teilweise zu kompensieren. Erst schwere Adipositas ab einem BMI von 35 aufwärts ist mit einer deutlichen Abnahme der Lebenserwartung selbst bei hohem Aktivitätsniveau verbunden und kann daher eindeutig als ungesund gelten.
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass Menschen unterhalb der Grenze schwerer Adipositas von intensiver körperlicher Aktivität stärker profitieren als von einem geringen Körpergewicht. Umgekehrt zeigen die Ergebnisse eindeutig, dass (a) Bewegungsmangel mit abnehmender Lebenserwartung zu zahlen ist und (b) das Aktivitätsniveau auf die Lebenserwartung einen höheren Einfluss ausübt als das Körpergewicht, solange keine schwere Adipositas vorliegt.
Ist Übergewicht primär ein kosmetisches Problem?
Viele Menschen betrachten Übergewicht als ein kosmetisches Problem. Weil Fettleibigkeit die Chancen bei der Partnerwahl verringert, ist diese Problematik für die meisten Übergewichtigen die wichtigste Motivation zur Reduktion des Übergewichts. Tatsächlich lassen sich jedoch etliche Risiken nachweisen, deren Folgen in einem ansteigenden Ausmaß auftreten. Aus den Folgen dieser Risiken resultieren neben dem persönlichen Leid enorme volkswirtschaftliche Schäden:
- Übergewicht kann nicht nur psychologisch verursacht sein, sondern kann auch psycho-soziale Folgeerkrankungen nach sich ziehen: vielfach fühlen sich Betroffene ausgegrenzt, oder sie grenzen sich sozial aus. Es ist ein Teufelskreis: weil Sport mit Fettleibigkeit sehr mühsam wird oder weil man sich nicht öffentlich mit Sportbekleidung zeigen möchte, wird kaum oder kein Sport getrieben.
- Übergewicht ist die Vorstufe zur Adipositas, die als Wegbereiter für zahlreiche Krankheiten identifiziert wurde. (s.u.). Übergewicht und erhöhter Fettkonsum stehen mit verschiedenen Krebserkrankungen in Verbindung (z.B. Dickdarmkrebs, Brustkrebs, Prostatakrebs).
- Mechanische Belastung des Übergewichts provozieren Gelenkschäden insbesondere des Knies. Die Wirbelsäule reagiert auf die dauernde Überbelastung ebenfalls mit frühzeitigem Verschleiß (Osteochondrosis intervertebralis).
- Übergewicht mindert die Zeugungsfähigkeit. 9 kg Gewichtszunahme erhöht die Wahrscheinlichkeit von Unfruchtbarkeit um 10 %.
Das nachfolgende Zitat fasst die gesundheitliche Problematik von Übergewicht zusammen (Quelle: Nationaler Aktionsplan der Deutschen Adipositas Gesellschaft, 23.03.2007):
„Übergewichtige und adipöse Menschen werden häufig krank: Diabetes mellitus Typ II, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Gicht, Atherosklerose und von einer hohen Energieaufnahme und geringer körperlicher Aktivität abhängige Tumorerkrankungen (wie Dickdarmkrebs, Prostatakrebs und Brustkrebs nach der Menopause) sind bei Übergewicht häufiger als bei Normalgewicht. Übergewicht und Adipositas sind heute der neben dem Rauchen häufigste und vermeidbare Risikofaktor für chronische Erkrankungen. So wird sich die Zahl von Patienten mit einem Diabetes mellitus mit einer zeitlichen Verzögerung von 5-10 Jahren verdoppeln. 50% dieser Diabetiker werden diabetische Folgekrankheiten erleiden und so z.B. blind, niereninssufiizient und dialysepflichtig werden. Im Vergleich zu normalgewichtigen Menschen beträgt der Verlust an Lebensjahren bei Übergewichtigen und Adipösen 3 bzw. 7 Jahre, der Verlust an disability adjusted life years (DALYS) beträgt für „ungesunde“ Ernährung, Adipositas und Inaktivität zusammen 9.6% (der Vergleichswert für das Rauchen liegt bei 9%). Adipositasbedingte Krankheiten sind jährlich für mehr als eine Millionen Todesfälle verantwortlich. Stigmatisierung und psychosoziale Benachteiligung sind weitere Lasten übergewichtiger und adipöser Menschen, deren Lebensqualität beeinträchtigt ist. Übergewicht und Adipositas verursachen hohe und vermeidbare Kosten im Gesundheitswesen, sie erklären momentan etwa 7% der gesamten Kosten (...), diese Kosten werden weiter ansteigen.“
Im Ergebnis bedeuten diese Sachverhalte, dass die Frage nach einem gesunden Körpergewicht falsch gestellt ist. Ein "gesundes Körpergewicht" gibt es nicht! Unter Berücksichtigung dieser Sachlage muss bei einer ausreichenden Versorgungssituation aus gesundheitlicher Sicht ein Körperfettanteil als optimal betrachtet werden, der unsere Gesundheit nicht beeinträchtigt. Der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „Normalgewicht“ bezeichnete Wert eines BMI von 20 - 25 beruht auf diesen Überlegungen und wurde bisher als "nicht gesundheitsbeeinträchtigend bewertet. Nach aktuellem Wissensstand muss gemäß vorliegender Untersuchungsergebnisse umgedacht werden. Menschen mit einem BMI zwischen 25 und 30, die bisher als übergewichtig galten, scheinen im Vergleich zu anderen Gewichtsklassen die höchste Lebenswertung zu haben, wenn sie gesund leben. Für eine gesunde Lebensweise sind eine vollwertige Ernähung und sportliche Fitness unabdingbar, jedoch nicht die einzigen Bedingungen. Der Einfluss von Drogen, Schlafmangel, physischem und psychischem Stress, Vergiftungen, chronischen Erkrankung, genetischen Defekten und lebensbedrohenden Infektionen oder Verletzungen lässt sich bei längerer Dauer nicht mittels Ernährung und Sport kompensieren. Trotzdem ist noch einmal zu konstatieren, dass sportliche Fitness für die Lebenserwartung von höherer Bedeutung ist als das Körpergewicht, solange keine starke Adipositas besteht!
Als sinnvoll ist die zusätzliche Bestimmung eines individuellen 'MET' zu werten, was jedoch in der Breite kaum umsetzbar sein dürfte. 'MET' ist als Index nicht nur zu sperrig und nicht so einfach zu messen wie das Körpergewicht, sondern bleibt als Konstrukt auch unsichtbar und ist darum leicht zu manipulieren. Wie wir alle wissen, neigen Menschen nicht immer zu Ehrlichkeit, auch nicht gegenüber sich selbst, und wie wir ebenfalls wissen, neigen Menschen dazu, die Fremdwahrnehmung ihrer Person wichtiger zu nehmen als ihre Selbstwahrnehmung.
Methodische Einwände
Ob Fitness tatsächlich als isolierte Einflussgröße auf die statistische Lebenserwartung betrachtet werden darf, scheint noch nicht ausreichend geklärt zu sein. Die Frage, was Menschen dazu veranlasst, sich fit zu halten oder sich nicht um ihre Fitness zu sorgen, lenkt den Blick auf Zusammenhänge, die als 'Lebensbedingungen' und 'Lebensstile' umschrieben werden können. Sensibilität, Einstellungen und Haltungen gegenüber individuellen gesundheitlichen Risiken sind vermutlich maßgeblich von den Lebensumständen beeinflusst. Allerdings sind 'Lebensbedingung' und 'Lebensstil' keine isolierbaren Variablen, sondern Konstrukte, die in ihrer Zusammensetzung und ihrer Wertigkeit über materielle, kulturelle und historische Zusammenhänge variieren. "Bildung" im Sinne höherer Schulabschlüsse scheint eine nicht unbedeutende Einflussgröße für einen mehr oder weniger gesundheitsbewussten Lebensstil zu sein. Andererseits gilt nicht, dass Absolventen höherer Schulabschlüsse prinzipiell einen gesunderen Lebensstil pflegen. Der Anteil gesundheitsbewusst lebender Menschen ist lediglich höher als in bildungsfernen Schichten. "Bildung" dürfte darum nicht unmittelbar ursächlich, sondern nur vermittelnd wirken. Welcher Art die Wirkkräfte tatsächlich sind, ist weitgehend ungeklärt.
Die Frage, welche Aspekte bzw. des Lebens bzw. welche Sozialindikatoren geeignet sind, um "Lebensstil" als eine messbare Größe für wissenschaftliche Untersuchungen nutzen zu können, scheint noch beantwortet zu sein. Das mag der Grund dafür sein, dass nicht solche Konstrukte wie "Lebensbedingungen" und "Lebensstil" als Maßzahl für die Bewertung von Sachverhalten wie Körpergewicht, Fitnessgrad Gesundheitsrisiken und Lebenserwartung verwendet werden, sondern statt dessen Konstrukte wie "BMI" und "Fitness". Wenn in der Medizin und in der öffentlichen Diskussion "BMI" und "Fitness" als unabhängige Variablen betrachtet werden, mag diese Simplifizierung methodisch zu rechtfertigen sein. Die Abstraktion von sozialen Kontexten birgt aber die Gefahr von Verfälschungen, Fehldeutungen und Ignoranz, wenn es um die Prognose gesundheitlicher Risiken geht.
Solange das nackte Überleben unter Bedingungen einer eher nicht planbaren Lebens- und Ernährungsituation das Verhalten dominiert, ist eine Empfehlung zu körperlicher Freizeitaktivität nicht frei von Zynismus. Auf der anderen Seite dürfte die Motivation zu körperlicher Freizeitaktivität gering sein, sofern überhaupt die erforderlichen Freiheiten vorhanden sind. Unter extremen Lebensbedingungen ist es absolut sinnvoll, möglichst viel Energievorräte innerhalb des Körpers vorzuhalten und sparsam mit den Energievorräten umzugehen. Mutter Natur hat uns darum mit der Fähigkeit ausgestattet, nicht unmittelbar benötigte Nahrung in Fettdepots zu lagern, damit die Energiequellen nicht versiegen, wenn die Nahrungszufuhr unterbrochen wird. Vielleicht hat sie uns auch aus diesem Grund mit einer gewissen Trägheit ausgestattet, die wir im Kontext körperlicher Freizeitaktivität als zu überwindenden "inneren Schweinhund" umschreiben. Solange Menschen und ihre Vorläufer als Jäger und Sammler über die Erde gestreift sind, was über mehrere Millionen Jahre so war, wirkte dieser Mechanismen arterhaltend.
In der jüngeren Geschichte der Evolution hat sich diese Situation jedoch zumindest im westlichen Kulturraum überwiegend verändert. Die meisten Menschen ziehen nicht mehr auf der Suche nach Nahrung durch die Natur, sondern sie sind sesshaft und haben es verstanden, eine überwiegend kontinuierliche Versorgung mit Nahrung zu organisieren. Die evolutionär erworbene Fähigkeit zur Bildung von Fettdepots als Energiereserve und Trägheit bestehen jedoch noch immer und lassen neue Probleme anderer Art entstehen. Aus dem Segen einer guten Versorgung wächst in der westlichen Welt zunehmend ein Fluch, der Menschen massenhaft erkranken lässt, Lebensqualität reduziert und wahrscheinlich auch viele Leben verkürzt.
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass auch in vermeintlichen Wohlstandsgesellschaften Armutsprobleme in signifikanten Größenordnungen bestehen. Die öffentliche Wahrnehmung wird der Größenordnung dieser Probleme kaum gerecht. Benachteiligte und unterprivilegierte Menschen organisieren selten eine gemeinsame Stimme, mit der sie auf ihre Lage aufmerksam machen könnten. Aus Sicht besser gestellter Menschen erscheint die Beschäftigung mit sozialen Randgruppen, die für ihr individuelles Lebensschicksal vermeintlich selbst verantwortlich sind, erst dann als ein zu bearbeitendes Problem, wenn die eigene Wohlfahrt bedroht scheint.
Welches Körpergewicht ist anzustreben?
Die Vorteile eines niedrigen Körpergewichts auf den orthopädischen Apparat, insbesondere auf die Wirbelsäule sowie auf die Bein- und Fußgelenke, sind unzweifelhaft, bilden jedoch ein eigenes Kapitel, das hier nicht betrachtet wird. Abgesehen von Sonderfällen, die einer individuellen Betrachtung, gelten unter Berücksichtigung aktueller Untersuchungsergebnisse für den Normalfall zwei Antworten:
- Körperlich aktive Menschen sind mit einem niedrigen Körpergewicht leistungsfähiger. Sie haben mehr Freude an der körperlichen Aktivität, weil sie sich subjektiv weniger belasten müssen. Objektiv ist das Risiko irreversibler Verschleißbelastungen des orthopädischen Apparates bei einem niedrigen Körpergewicht geringer. Ein Körpergewicht mit einem BMI von 20-25 ist daher von Vorteil. Die schlanke Silhouette ist jedoch nicht zugleich ein gesundheitlicher Vorteil. Dieser vermeintliche Zusammenhang wird erst durch modische Trends der letzten Jahrzehnte in der westlichen Kultur hergestellt. Historisch und teilweise auch in anderen Kulturen gelten eher 'barocke Figuren' als Schöneitsideal und werden mit Gesundheit assoziiert.
- Körperlich inaktive Menschen haben bereits prinzipielle Nachteile hinsichtlich der Lebenserwartung. Die Untersuchungsergebnisse der in 'PLOS Medcine' veröffentlichten Studie zeigen, dass für inaktive Menschen die Nachteile einer geringeren Lebenserwartung bei einem moderatem Übergewicht (BMI von 25-30) am geringsten sind.
Warum ist ein niedriges Körpergewicht für Sportler vorteilhaft?
Für einen leistungsorientierten Ausdauersportler reichen die Überlegungen weiter. Da Körpergewicht die Leistung begrenzt, streben wir als leistungsorientierte Langstreckenläufer ein niedriges Gewicht an. Ein aus medizinischer Sicht guter Wert enthält daher aus sportlicher Sicht noch erhebliches Optimierungspotential. Die Frage lautet darum: Wie weit kann das Körpergewicht reduziert werden, ohne Leistung und Gesundheit zu gefährden?
Die Antwort liefert der zumindest dauerhaft lebensnotwendige Körperfettanteil. Aus sportlicher Sicht handelt es sich um den optimalen Wert, wenn Höchstleistungen angestrebt werden. Bei einer ausreichenden Versorgungssituation gibt es für gesunde Menschen keinen vernünftigen Grund, einen höheren als den notwendigen Fettanteil anzustreben. Als lebensnotwendig gilt für Männer ein Körperfettanteil von 2 – 5 % sowie für Frauen von 10 - 13 %. In diesem Grenzbereich setzt nicht nur die Gesundheitsgefährdung ein, sondern lässt auch die Leistungsfähigkeit von Ausdauer- und Kraftsportlern nach.
Ein Fettanteil von 5 % bei Männern und 13 % bei Frauen kann als Wert gelten,
bei dem mit der höchsten Wahrscheinlichkeit keine gesundheitlichen Risiken zu befürchten sind!
Wahrscheinlichkeiten bieten selbstverständlich keinen Schutz vor individuellen Abweichungen, weshalb sich aus Wahrscheinlichkeiten keine Garantien, aber immerhin begründbare Empfehlungen ableiten lassen. Für Freizeit- oder Hobbysportler mit moderateren Leistungszielen sind die Normalwerte und Optimalwerte keine Vorgaben, sondern lediglich Grenzwerte, zwischen denen man sich bewegt und die als Indikatoren Aufschluss über die eigene Leistungsfähigkeit geben. An welchen Werten man sich individuell orientiert, ist von den jeweiligen Leistungszielen abhängig. Überflüssiges Gewicht (meistens handelt es sich um Fett, aber für Muskelmasse gilt das ebenso) bleibt aber auch für Hobbyläufer eine Leistungsbremse, die selbst mit hohem Trainingsaufwand nicht vollständig kompensiert werden kann. Zusätzlich ist zu bedenken, dass die Belastung des orthopädischen Apparates nicht 1:1 mit dem Tempo zunimmt, sondern exponentiell anwächst, so dass mehr oder weniger Gewicht das Verletzungsrisiko deutlich erhöht oder reduziert und ein höheres Gewicht kein höheres Tempo gestattet.
Ein weiteres Argument liefert die Messung der relativen (auf das Körpergewicht bezogenen) maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit. Regelmäßiges Ausdauertraining verbessert die Sauerstoffaufnahme und die Sauerstoffverwertung, was im Ergebnis die Energiebereitstellung effizienter macht und damit die Ausdauerleistungsfähigkeit erhöht. In Sportarten, bei denen gegen die Schwerkraft gearbeitet werden muss (Laufen!), haben leichte Menschen einen Vorteil und sind auch diesem Grund leistungsfähiger.
Gewichtsreduzierung ist ein mit geringem Aufwand zu erreichendes Erfolgsrezept. In Verbindung mit Ausdauertraining nimmt mit der Gewichtsabnahme die Leistungsfähigkeit zu, ohne dass mit dem aus der Gewichtsabnahme resultierenden Leistungsgewinn die typischen Kosten und Risiken des Trainings verbunden wären:
- Es entsteht kein Zeitaufwand.
- Es besteht keine Gefahr von Überbelastungen oder von Verletzungsrisiken.
- Das finanzielle Budget wird nicht belastet (solange die Kleidung noch passt).
Mit Hilfe des Rechners lässt sich ermitteln, welche Zeitersparnis bei gleichem Leistungsvermögen auf einer Distanz ab 5 km aufwärts mit einer Gewichtsabnahme statistisch zu erwarten ist. Der typische Wert streut leicht, je nach Zielzeit und Höhe des Ausgangsgewichts, um den Wert von 1 % pro kg Gewichtsverlust. Das klingt zunächst nach wenig, verspricht aber bei einer Zielzeit von 4:00 Stunden für einen Marathon bei 5 kg Gewichtsverlust immerhin einen Vorteil von ca. 12 Minuten, ohne dass zusätzliches Training geleistet werden müsste!
Ein „BMI“ mit dem Wert „20“ ist keine verbindliche Vorgabe, sondern lediglich ein Marke, die der eigenen Orientierung dient. Welchen „BMI“ ein Hobbysportler für sich anstrebt, muss dieser selbst entscheiden. Ein Hobbysportler sollte aber auch den „BMI“ interpretieren können und die Einschränkungen kennen, um sich am „BMI“ orientieren zu können. Was auch immer dabei herauskommt, auch für den Hobbysportler gilt: Leicht macht schnell!
Diese Regel gilt immer und auch unabhängig davon, welche Ziele man erreichen möchte. Da „leicht“ kein absoluter Wert ist, sondern vor allem von der Körpergröße abhängt, ist und bleibt der BMI ein guter Indikator für die Ausrichtung der eigenen sportlichen Ziele. Einschränkend gilt jedoch, dass bei gleichem BMI das absolut geringere Gewicht aufgrund kleinerer Körpergröße wegen der höheren relativen Sauerstoffkapazität ein Vorteil bleibt. Für Hobbyläufer sind diese Feinheiten von geringer Bedeutung. Aufgrund dieser Gesetzmäßigkeit lässt sich jedoch erklären, weshalb nur kleine Läufer bis in die absolute Spitze vorstoßen.
Unter gesundheitlichen Aspekten besagt ein BMI mit dem Wert von "20" allenfalls, dass das Körpergewicht keine gesundheitliche Bedrohung darstellt. Mehr aber auch nicht!
Ein Schlusswort zu diesem Artikel
Die Fixierung auf den BMI ignoriert im Hinblick auf gesundheitliche Risiken den Einfluss der Fitness auf Wohlbefinden und Gesundheit. Aber auch "gesundheitsfördernde Fitness" ist schwer zu messen, weshalb sich die Medizin mit Konstrukturen wir dem 'MET' behilft (metabolisches Äquivalent), das für ein Zeitintervall den Energieumsatz pro kg Körpergewicht im Vergleich zum Ruhezustand angibt. Generell kann jedoch festgehalten werden, dass Bewegungsmangel schädlich ist, während Menschen von körperlichen Freizaktivitäten, gleich welcher Art, profitieren. Der Einfluss des Körpergewichts scheint für diese Benefits von nachrangiger Bedeutung zu sein, solange keine schwere Adipositas vorliegt.
Wenn viele Menschen selbstbestimmend an ihrer Fitness arbeiten, während noch mehr Menschen in dieser Hinsicht Zurückhaltung wahren, aber immer wieder erneut mit Diäten ihre Figur in Form zu bringen versuchen, sind diese Verhaltensweisen erklärungsbedürftig. Ein modisch konformes Körpergewicht genießt wegen seiner vermeintlich "guten Figur" immerhin eine bewundernde soziale Anerkennung und trägt damit zum psychischen, aber nicht generell zum somatischen Wohlbefinden bei. Ob der äußerliche Schein (die Figur) auch einen gesundheitlichen Wert hat und welches Versprechen der Auftritt einzuhalten vermag, entscheidet sich jedoch erst auf dem zweiten Blick. Ohne Fitness ist eine vermeintlich sportliche Figur für die Lebenserwartung nicht nur ohne Nutzen, sondern sogar von Nachteil!
Jenseits aller sozialen Problematiken, die bei medizinischen Untersuchungen mehr oder weniger ausgeblendet sind, bleibt eine spannende Frage bisher unbeantwortet: Warum leugnet der größere Teil der Menschheit den unwiderlegbaren Zusammenhang zwischen Fitness und Gesundheit oder ignoriert mehr oder weniger, wider besserem Wissen, diesen Zusammenhang in der eigenen Alltagspraxis, obwohl der Wunsch nach Gesundheit sehr stark ist und darum in kaum einem Geburtstags- und Weihnachtsgruß fehlt? Möglicherweise zeigen sich hier Auswirkungen der unterschiedlichen Dynamiken biologischer und sozialer Entwickungsprozesse. Über lange evolutionäre Entwicklungszeiträume erlerntes Verhalten bedarf zu seiner Anpassung vermutlich mehr Zeit, als uns in unserer individuellen Lebensspanne zur Verfügung steht.
Wenn sie diese vermuteten Zusammenhänge bestätigen, ließe sich ein scheinbar irrationales Verhaltern erklären. Berufen könnten wir uns auf eine solche Mitgift nicht, weil wir über kulturell erworbenes Wissen verfügen, dem wir Einsicht in solche Zusammenhänge verdanken. Offensichtlich scheint es jedoch einfacher und bequemer zu sein, den Umgang mit paradoxem Verhalten zu lernen und zu verinnerlichen. Wir schlucken lieber Pillen und vertrauen medizinischen Versprechen, ehe wir uns vermeintlich sportlich quälen. Dabei ahnen wir, ein Preis zu zahlen ist, hoffen aber, als Ausnahme von der Regel unter die Ausreißer der statistischen Streuung zu fallen. Beruhigend wirkt der Gedanke, dass auch körperliche Fitness kein gesundes, langes Leben garantiert. Dass körperliche Freizaktivitäten eine Kraftquelle und ein Jungbrunnen sind, aus dem sich Lebensqualität schöpfen lässt, erfährt nur derjenige, der von diesem Elexier trinkt. Ohne diese Erfahrung wird sportliches Verhalten gerne als suspekt diffamiert und in die Nähe von Sucht oder Psychopathologie gerückt.
Die zitierte Studie 'Leisure Time Physical Activity of Moderate to Vigorous Intensity and Mortality' (deutsch: 'Sterblichkeit und körperliche Freizeitaktivitäten mit mittlerer bis kräftiger Intensität') zeigt, dass intensiv und dauerhaft ausgeübte körperliche Freizeitaktivitäten über alle Gewichtsklassen hinweg mit einer längeren Lebenserwartung belohnt werden. Als sicher darf gelten, dass der Wunsch, bei bester Gesundheit möglichst alt zu werden, ohne entsprechendes Verhalten für die meisten Menschen ein frommer Wunsch bleibt. Zwar wird einigen Menschen dieser fromme Wunsch erfüllt, aber berechtigt das zu der Annahme, dass Wünschen hilft? Worauf noch warten? Die Zeit der Ausreden ist abgelaufen!
Guter Artikel - ich verstehe dass ich meine Muskelmasse reduzieren muss. Fett reduzieren ist einfach wenn man sich erst mal dazu entschliesst, aber wenn man Muskel Gene hat baut jede Aktivitaet Muskel auf. Herumsitzen ohne physische Aktivitaet wuerde vielleicht auf die Dauer helfen, aber wer will das?
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