Gisela ist 5x in Folge erfolgreich die Ultrastrecke gelaufen und genießt 2006 die Ehre, auf der Ausschreibung und auf dem offiziellen Veranstaltungsposter in dem Foto einer Läufergruppe am Chapman's Peak abgebildet zu sein.
Für mich lag in den Jahren 2004 und 2005 die Ultrastrecke über 56 km außerhalb meines Leistungsbereichs. Nach unfallbedingter Knieoperation im Jahr 2003 toleriert das betroffene Knie keine höheren Belastungen. Das Ignorieren von Belastungsgrenzen ist regelmäßig mit dem Preis von Rückschritten zu zahlen, weshalb ich mich mit der Halbmarathondistanz zufrieden geben muss. Im Jahr 2005 konnte ich immerhin 3x die Marathondistanz mit bescheidenen Zeiten bewältigen und habe die Chance erkannt 2006 endlich wieder am Two Oceans Marathon teilzunehmen und meine persönliche Premiere auf der Route über den Chapman's Peak nachzuholen. Lange Laufeinheiten waren im Training nur eingeschränkt möglich, weshalb ich einen hohen Anteil des Ausdauertrainings auf dem Fahrradergometer absolviert habe. Das Laufen lässt sich damit nur unvollständig und ungefähr im Verhältnis 3:1 ersetzen. Nach den 45,7 km im Februar 2006 in Zolder und den 47,7 km Anfang April in Stein sollte es möglich sein, Mitte April 2006 über 56km unter 7 Stunden zu bleiben.
In diesem Jahr sind wir mit einem Freundeskreis von insgesamt 8 Personen nach SA aufgebrochen, darunter 4 Ultrarunner. Einer von ihnen ist unser alter Lauffreund Juppi aus Aachen, der bereits 2001 erfolgreich den Two Oceans auf der Alternativroute über den Ou Kaapse Weg gelaufen ist und der in diesem Jahr ebenso wie ich mit einigen Handicaps endlich die Strecke über den Chapman's Peak laufen möchte. Auf der Reise wird Juppi von seiner Frau Ana begleitet, die zusammen mit Claudia den Halbmarathon laufen wird. Harry und Helmut betreuen uns.

Der Anstieg zum höchsten Punkt des Chapman's Peak bereitet keine besonderen Schwierigkeiten und ist wesentlich moderater als der Anstieg über den Ou Kaapse Weg. Dieser Abschnitt wird zu Recht als Traumstrecke bezeichnet und versetzt die Läufer in Hochstimmung. Der höchste Punkt ist bei km 35 erreicht und eröffnet einen grandiosen Blick auf die Bucht von Hout Bay. Nun geht es auf einem gut zu laufenden Gefälle bis aus Meeresniveau nach Hout Bay. Dahinter erwartet uns dann noch der Pass von Constantia Nek.
Zunächst laufen wir durch die Ortschaft Hout Bay, wo vergleichsweise viele Zuschauer an der Strecke stehen und die Läufer anfeuern. Mitten in Hout Bay laufe ich auf die gehende Birgitt auf. Birgitt hat bereits mehrfach die Ultrastrecke über 56km unter 6 Stunden bewältigt. Heute ist sie konsterniert und will jetzt aussteigen. Die Gelegenheit ist günstig, weil sich unsere Unterkunft in "Uli's Guesthouse" in Hout Bay befindet. Ich beschreibe Birgitt noch den Weg, dann trennen sich unsere Wege. Unmittelbar nach Hout Bay beginnt der Anstieg auf den Pass von Constantia Nek. Die Höhe von 212m klingt harmlos, ist aber in der Realität eine schwere Prüfung für alle Läufer. Mir gelingt es, bis zum Marathonpunkt das Gehen zu vermeiden. Marathon in 4:45 Std., d.h. für die letzten 14 km habe ich ein Zeitpolster von 2:15 Std. bis zum Zielschluss. Das sollte doch zu schaffen sein. Aber nun muss ich erst einmal gehen und sage mir, dass es besser ist, die letzten Kräfte schonend einzusetzen. Erst kurz vor der Passhöhe wird der Anstieg etwas flacher und erlaubt mir, wieder den Laufschritt aufzunehmen. Der Pass selbst ist ein "hot spot", mit vielen Zuschauern und stationären Fensehkameras, die das gesamte Rennen übertragen. An dem großen Verpflegungspunkt ist noch einmal eine umfangreiche Versorgung angesagt, ehe wir uns angetrieben von der lauten Musik auf die restliche Reise begeben.


Mit Gehabschnitten, die zum Ende hin immer länger werden, verschaffe ich mir Entlastung. Die Zeit schmilzt, aber sie wird reichen. Das Ziel liegt jetzt vor mir. "Bloß keinen Stress und keine Show", geht mir durch den Kopf. Gehend bewege ich mich in Richtung Ziel und fixiere das International Tent, weil ich weiß, dass ich erwartet werde. Und tatsächlich kann ich meine Leute ausmachen. Sie rufen und jubeln mir zu. Ich winke glücklich zurück und klatsche sie ab, während Juppi die Szene im Foto festhält. Im Ziel beglückwünschen mich die Helfer, was ich mir redlich verdient habe. Mit 6:44 Std. werde ich gestoppt. Well done!
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