Samstag, 14. April 2001

Two Oceans Marathon 2001 - Start einer neuen Serie

In der Nacht zum Ostersamstag sind wir gemeinsam mit Werner in Oranjezicht, Kapstadt, zum Start unseres ersten Two Oceans Marathons aufgebrochen. Die Route führt in einer Schleife von 56 km über die Kaphalbinsel von Südafrika.
Im Ortsteil Newland stehen wir nebeneinander in der Startaufstellung auf der Main Rd und beschließen, vorerst zusammen zu laufen. Noch ist Nacht, aber der Startbereich ist gut ausgeleuchtet. Pünktlich um 6:00 Uhr erfolgt der Start.



Das erste Viertel der Strecke führt durch die eher langweiligen Vororte östlich des Tafelberges in Richtung False Bay und anschließend weiter entlang der False Bay. Bei Erreichen der False Bay geht die Sonne auf und wir dürfen uns auf einen warmen Tag einstellen, der hoffentlich zu keinem heißen Ritt wird. Wir sind jedenfalls gut vorbereitet und brauchen die Strecke nicht zu fürchten, die ihre Schwierigkeiten für die zweiten Hälfte aufhebt.

Nach einiger Kilometern spricht mich eine Läuferin an. Ich erkenne gleich Tini aus Holland, die im vergangenen Jahr zusammen mit ihrem Mann zu der Gruppe gehörte, mit der ich beim Comrades gestartet bin. Tini kündigt an, schneller zu laufen, aber wir sähen uns ja später im Zelt. Da wir von keinem speziellen Zelt Kenntnis haben, lasse ich mir von Tini erklären, dass es im Zielbereich ein eigenes Zelt für die Overseas Runner gäbe. "O.k., wir treffen uns dort. Mach's gut! Bis nachher."

Bei Fish Hoek biegen wir nach rechts ab und laufen auf der Kaphalbinsel in Richung der Westküste. Diese ist heute jedoch nicht in der Laufstrecke vorgesehen, weil der Chapman's Peak Drive seit einem Bergsturz des vergangen Jahres gesperrt ist. Somit müssen wir leider auf diesen spektakuären Abschnitt verzichten und statt dessen über den Pass des Ou Kaapse Weg laufen und dürfen dafür auch noch einen größeren Höhenunterschied bewältigen. Am Beginn des mehrere Kilometer langen Anstiegs zum Ou Kapse Weg ist Halbzeit. 2:42 Std. zeigt die Uhr für die zurückgelegten 28km. Das ist für uns o.k., aber jetzt beginnt es auch erst richtig. Und warm ist es auch bereits, obwohl der Tag noch jung ist. Werner fühlt sich stark und verabschiedet sich, um etwas schneller zu laufen. Gemeinsam mit vielen anderen Läufern erklimmen wir den Anstieg durch die interessante Landschaft und Natur des Silvermine Nature Reserve. Zuschauer gibt es hier eigentlich keine, aber die Organisation hat dafür gesorgt, dass wir von einheitlich gekleideten Schülergruppen frenetisch angefeuert werden. Aus großen Lautsprechertürmen schallen die schnellen Beats einer Technomusik die die Läufer und auch die Volunteers antreiben. Wir freuen uns, dass die Plackerei auf der Passhöhe erst einmal vorbei sein wird und wir den schönen Ausblick genießen können. Bezüglich der Plackerei unterliegen wir einem Irrtum. Uns begrüßt ein heftiger Wind, gegen den wir uns mit aller Kraft stemmen müssen, um voran zu kommen. Nichts wie weg von hier.

Kirstenbosch Gardens
Bei Tokai passieren wir die Marathonmarke in fast exakt 4:00 Std. und laufen nun durch wunderschöne Alleen mit ihren riesigen alten Bäumen. Auf dem Weg zum letzten großen Anstieg nach Constantia Heights führt die Strecke auf der Southern Cross Rd. über eine Wendepunktpassage noch einmal bergab, eine echte Schikane bei Temperaturen von 25 Grad. Wo es möglich ist, versuchen wir im Schatten zu laufen, aber die sonnigen Abschnitte nehmen zu. Vor uns erkennen wir unseren Lauffreund Juppi aus Aachen, der mit Tinis Gruppe hier ist. Juppi wollte aus Verletzungsgründen auf Halbmarathon downgraden, was jedoch offiziell nicht möglich war. Somit ist er auf die große Distanz gegangen, muss aber nun seinem Trainingsrückstand Tribut zollen und wird langsamer. "Wir sehen uns im Zelt".




Bei Kirstenbosch Gardens
Good job, well done!
Endlich ist auch die letzte lange Steigung über-
wunden. Ab Kirstenbosch Gardens sind es noch 6km und der Akku ist noch nicht leer. Dem Rest der Strecke können wir gelassen entgegensehen und unser Tempo noch etwas anziehen. Wir überholen viele Läufer, die ihre Kräfte weniger gut eingeteilt haben, häufig bereits gehen und sich lange an den Verpflegungsständen aufhalten. Die letzten beiden Kilometer halten noch einige deutlich spürbare Wellen vor, die uns aber nicht aufhalten können. Dann ist das Sportgelände der Universität erreicht, wo sich das Ziel befindet. Bei Sonnenschein und riesiger Stimmung laufen wir mit einer Endzeit von 5:32 Std. durch das Ziel.



Am Ende des Zielkanals wartet bereits Werner auf uns und strahlt. Er ist in 5:25 Std. eingelaufen und nun stolz und glücklich über seinen ersten Erfolg auf einer Ultrastrecke.. Congratulation! Gemeinsam holen wir unser Gepäck ab und begeben uns zu dem Zelt, auf das uns Tini am Morgen aufmerksam gemacht hat. Im Zelt geht bereits eine Finsher Party ab, die unsere kühnsten Erwartungen weit übersteigt. Das Zelt ist festlich geschmückt und mit großen Runden Tischen bestückt. An zwei opulenten Buffets gibt es kalte und warme Speisen, Salate und Kuchen. Die Bar schenkt neben Kaffee auch Softdrinks, Bier und Wein aus. Zahlreiche Servicekräfte bedienen die Gäste und sorgen für Ordnung. Tini und ihr Mann Ton sind bereits da und an ihrem Tisch begrüßen wir eine Reihe weiterer guter Bekannter. Nachdem wir uns einen Platz an dem Tisch gesichert haben versorgen wir uns mit den Köstlichkeiten des großzügigen Buffets. 




Inzwischen trifft auch Juppi ein und ist glücklich, dass er nicht nur die volle Distanz bewältigt hat, sondern auch noch unter 6 Stunden geblieben ist, was ihm eine Bronzemedaille sichert. Gegen Ende der 5. Stunde ist das Läuferfeld im Zielbereich am dichtesten. Angetrieben von den Sprechern versuchen viele Läufer, die 6 Stunden zu unterbieten. Nach deren Ablauf gibt es für den Einlauf innerhalb der Sollzeit eine "blue medal", die eher so etwas wie einen "Trostpreis" darstellt. Da das Zelt unmittelbar im Bereich des Zieleinlauf steht und die Seite zur Lauftstrecke hin offen ist, können wir die Szenerie laufend mitverfolgen.

Zum Ablauf der Sollzeit von 7 Stunden kommt noch einmal eine riesige Stimmung auf. Auf der Strecke befinden sich noch viele Läufer. Wer die Chance erkennt, in der Sollzeit zu bleiben, bietet noch einmal seine letzten Kräfte auf. Dramatische Szenen spielen sich ab, die den Höhepunkt erreichen, wenn das Ziel von einem quer über die Strecke gespannten Seil nach exakt 7 Stunden versperrt wird. Wer es nicht mehr geschafft haben, vermag seine verständliche Enttäuschung nicht zu verbergen. Die meisten Läufer lassen sich erst einmal auf den Rasen des Zielbereichs fallen. Einige müssen auch von Sanitätern versorgt oder sogar mit Tragen in das Sanitätszelt geschafft werden.

In unserem Zelt geht die Finisher Party allmählich zu Ende. Beim Abschied von Freunden und Bekannten tauschen wir mit ihnen noch schnell die nächsten Termine aus oder treffen neue Verabredungen. Im kommenden Jahr wollen wir wieder hier sein, mal sehen, wen wir wieder treffen werden. Am Abend feiern wir mit Werner und Helga unseren Erfolg im Restaurant Five Flies.

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