Samstag, 1. Januar 2000

Millennium-Marathon von Hamilton, Neuseeland

Zielfoto Millenium Marathon Hamilton
Unserer erste Australienreise konnten wir 1997 mit dem Gold Coast Marathon krönen. Das anstehende 2. Jahrtausend bringt Neuseeländer auf die Idee, am 1.1.2000 den ersten Marathon des neuen Jahrtausends in Hamilton auf der neuseeländischen Nordinsel zu veranstalten. Konkurrenz ist kaum zu befürchten, weil Neuseeland mit 12 Stunden Zeitdifferenz zu Mitteleuoropa in der 1. Zeitzone westlich der Datumsgrenze liegt, die nahe des 180. Längengrads verläuft. Diverse deutsche Reiseveranstalter bewerben intensiv den Lauf. Wir lassen uns anregen und verbinden die Laufreise mit einem Schnupperaufenthalt in Neuseeland und erweitern diesen um Rückkehr nach Sydney und Westaustralien (2. Reise 1999/2000).
Nach langer Saison mit 10 erfolgreich absolvierten Marathon- und Ultra-Läufen im Jahr 1999 reisen wir ohne Form an und erwarten keine besondere Zeit. Ca. 2.500 Teilnehmer sind gemeldet, davon 662 aus USA, 546 aus Deutschland und 517 aus Neuseeland. Etliche Teilnehmer haben die Silvesternacht möglicherweise nicht gut überstanden, denn im Ziel werden lediglich 1.694 Finisher registriert. Wir verschlafen den Jahreswechsel und müssen uns auf der Strecke ordentlich ins Zeug legen, um mit der Zeit von 3:51:40 Std. und Platz 460/462 das Ziel im Te Rapa Racecourse zu erreichen.
Diashow Millennium Marathon Hamilton

Im Umkleideraum vor dem Millennium-Marathon
Im Umkleideraum vor dem Marathon
Die Nacht fällt kurz aus. Um 2:45 Uhr ruft der Wecker. Wir bereiten uns ein leichtes Frühstück und brechen in der Dunkelheit bei leichtem Regen zum Te Rapa Racecourse auf, eine Pferderennbahn, an der Start und Ziel liegen. Bei unserem Eintreffen gegen 4:30 Uhr ist es in dem Gelände stockfinster. Nichts weist darauf hin, dass hier gleich ein Marathon stattfindet. Mit uns und kurz nach uns treffen einige weitere Läufer ein, die sich ebenso ratlos zeigen, wie wir es sind. Unmut breitet sich aus. Gegen 5 Uhr erscheint eine Person, die Umkleideräume unter der Tribüne öffnet und ein wenig Licht spendiert. Über Umkleideräume und Toiletten hinaus gibt es keinerlei Infrastruktur oder Services, obwohl zu dem Event immerhin Läufer aus 47 Nationen der ganzen Welt angereist sind. Geboten wird eine beschämende Magerkost.

Da es noch immer regnet, begeben wir uns erst wenige Minuten vor dem Start in die Aufstellung. Der Start erfolgt pünktlich um 6:00 Uhr bei Nieselregen. Inzwischen dämmert es. Der leicht profilierte Kurs ist nicht besonders aufregend. Bis auf einige Angehörige von Läufern können wir keine Zuschauer ausmachen. Nach der Silvesternacht haben die Leute wahrscheinlich Besseres zu tun. Trotzdem haben wir mehr Aufmerksamkeit erwartet und auch gewünscht. An der Streckenorganisation ist nichts auszusetzen bis auf den Sachverhalt, dass an der Laufstrecke nur Wasser gereicht wird. Ursprünglich war sogar 'Champagne' (Sekt) angekündigt, aber potente Sponsoren ließen sich nicht finden, so dass im Vorfeld sogar Gerüchte von der Absage des Laufs umgingen. Die Gerüchte erweisen sich als Gerüchte. Jetzt freuen wir uns, hier laufen zu können und trinken Wasser. Wasser ist für uns o.k. Andere Läufer beanstanden das Angebot.
  
Zielfoto Millennium-Marathon
Zielfoto Millennium-Marathon
Auf der 1. Hälfte bleiben wir mit 1:57:40 Std. gerade unter 2 Stunden. Inzwischen hört es auf zu regnen und die Bewölkung beginnt aufzuklaren. Auf der 2. Hälfte läuft es etwas besser, so dass wir leicht zulegen können und fast 300 Läufer überholen. Die Zeit vergeht mühsam, bis wir endlich den Te Rapa Racecourse erblicken, in dem unterhalb der Tribüne das Ziel liegt. Das Ziel vor Augen setzt noch einmal Kräfte für einen Schlussspurt frei. Im Zielraum begrüßt uns Sonnenschein. Die Zieluhr zeigt 3:52.42 Bruttozeit. Unsere selbst gestoppte Nettozeit ist gut eine Minute besser. Wir nehmen Medaille und Finisher-Shirt entgegen und verschnaufen erst einmal auf dem Rasen. Wolfgang Schossig, den wir gestern in Rotorua getroffen haben, ein Zentrum neuseeländischer Māori-Kultur, begrüßt und beglückwünscht uns. Er selbst hat eine Zeit von 3:23 Std. und Platz 151 erzielt. Großer Glückwünsch mit viel Respekt! Darauf ein 'Steinlager'!







Nach dem Lauf kommt in der Pferderennbahn Party-Stimmung auf. Von der Tribüne erklingt Livemusik, zu der etliche Läufer tanzen. Am Zieleinlauf werden eintreffende Läufer frenetisch empfangen. Zu jeder vollen Stunde präsentiert eine Videowand ein Land, in dem gerade Mitternacht erreicht ist, was im Stadium großes Hallo bewirkt. Um 12:00 Uhr Ortszeit ist Jahreswechsel in Deutschland. Live-Bilder von Berlin und dem Feuerwerk am Brandenburger Tor lösen riesigen Jubel unter den deutschen Teilnehmern aus. Warum das so ist, fragen wir uns noch immer.

Der Lunch wird erst nach Zielschluss eröffnet. Wir trinken noch einige Kannen 'Steinlager' und 'Lion Red' (neuseeländisches Bier), bis endlich Zielschluss erreicht ist. An den Ausgabestellen des Essens bilden sich sogleich Schlangen, die etwas Geduld erfordern. Deutschen fällt diszpliniertes Schlangestehen bekanntlich schwer. Besonders hungrig scheinen einige gewichtige begleitende Damen von Läufern zu sein. Sie scheinen zu übersehen, dass wir nicht bei Aldi in der deutschen Provinz sind. Beherzt begegnen wir jedem Versuch des Vorpfuschens.

Als sportlichen Auftakt des neuen Jahrtausends konnten wir zwar kein Ass servieren, aber im Rückblick unserer langen Laufkarriere erweist sich kein Jahr so reich an Höhepunkten wie das Jahr 2000.

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